
Die letzten 10 Minuten meines Siegeslaufs kann man hier sehen (ca. ab Minute 38…..auf dem 4. Video)
Solothurner Zeitung / Bericht NZZ
La Liberté / Martina-Morat-FR-2013
ERLEBNISBERICHT:
Die Wochen nach dem JFM:
Die Tage nach dem JFM galten ganz klar der Regeneration. Sauna, Thermalbad, Massage, lockeres Velofahren/Crosstrainer und einfach Geniessen hatten erste Priorität. 5 Tage nach dem Rennen wagte ich die ersten lockeren Laufschritte. Es zuckte aber noch überall und die Beine waren richtig schwer. Von Tag zu Tag wurde dies besser, aber eben nur langsam. In der zweiten Woche fühlte ich mich dann aber plötzlich mental total leer. Ich hatte absolut keine Lust mich zu bewegen oder sonst etwas zu machen. Am liebsten hätte ich den ganzen Tag im Bett verbracht. Erst am Samstag (8 Tage vor dem Murtenlauf) verspürte ich plötzlich wieder grosse Trainingslust. Ich nahm mein Velo und fuhr durch den dicken Nebel auf den Berg, wo die Sonne schien. Anschliessend rollte ich noch zwei Mal bis Günsberg hinunter und wieder hoch zur Passhöhe. Dies war wunderschön, denn: erstens hatte ich wieder lockere Beine und zweitens machte das Training richtig Spass. Bei mir kam Freude auf den bevorstehenden Murtenlauf auf.
Am Montag absolvierte ich dann auch mal wieder eine etwas schnellere Trainingseinheit zu Fuss. Prompt verspürte ich relativ schnell unspezifische Schmerzen auf dem linken Fussrist. Beim Laufen selber spürte ich zwar nichts, jedoch im Alltag war der Schmerz recht unangenehm. So oder so musste ich in dieser Woche schon wieder ans Taping denken, obwohl ich eigentlich gar noch nicht viel trainiert hatte. Der Vernunft gehorchend lief ich nur noch kurze und lockere Einheiten. Die Schmerzen blieben, doch ich war überzeugt, den Murtenlauf trotzdem laufen zu können.

Murtenlauf (17,5 km und ca. 250 Hm):
Dieses Jahr machte ich mir keine grossen Hoffnungen auf einen Podestrang. Gemeldet waren 4 starke Kenianerinnen, die französische Meisterin im Halbmarathon und auch starke Schweizerinnen. Bis jetzt gewannen nämlich immer die Kenianerinnen. Ich ging mit dem Ziel an den Start, möglichst lange mit den Kenianerinnen zu laufen und beste Schweizerin zu werden.
Am Start standen insgesamt mehr 11000 Läufer und Läuferinnen. Nach dem Startschuss, um 10.15 Uhr, schloss ich mich sofort den 4 Kenianerinnen an. Wir schlugen ein flottes Tempo an. Meine Beine fühlten sich sehr gut an und ich übernahm die Führung. Irgendwie kam es mir nicht sehr schnell vor. Auf jeden Fall lief ich nicht am Limit. Auch nach 10 Kilometern fühlte ich mich noch absolut locker. Zu meinem Erstaunen hatten die 4 Kenianerinnen Mühe mein Tempo zu halten. Ich merkte deutlich, dass sie nervös wurden und mich auszuspielen versuchten. Dies gelang ihnen aber nicht.
Ich hatte noch viel Reserve, machte bei Kilometer 11, in einer kurzen Steigung, den ersten Angriff. Ich verschärfte das Tempo und machte bis nach oben einen kleinen Steigerungslauf. Es wurde mir mitgeteilt, dass nur noch eine Kenianerin das Tempo halten konnte. Dass demnächst die berühmt berüchtigte „La Sonnaz-Steigung kommen würde, wusste ich ganz genau. Also wiederholte ich dort unter tosendem Applaus nochmals das ganze Spielchen und konnte so auch noch die letzte Kenianerin distanzieren. Noch 3 Kilometer waren zu laufen. „Uff“, dachte ich, „jetzt muss ich das Tempo einfach noch so bis zum Schluss durchziehen….das wird keine einfache Sache werden!“
Glücklicherweise konnte ich mich einer Männergruppe anschliessen. Gemeinsam spurteten wir Meter um Meter ab. Mir war bewusst, dass ich nicht viel Vorsprung auf meine Verfolgerin hatte, und die Angst vor dem Gegenangriff war ständig vorhanden. Die Strassen von Fribourg waren gefüllt mit Zuschauern, überall riefen sie meinen Namen. Dies motivierte mich extrem. Langsam, aber ganz langsam realisierte ich, dass ich mit grosser Wahrscheinlichkeit den Murtenlauf gewinnen würde. Jetzt genoss ich Meter um Meter. Kurz vor dem Ziel bekam ich den traditionellen Siegerlindenzweig und durfte so dem Ziel entgegenrennen. Nach 1 Stunde und 3 Minuten lief ich mit einem Vorsprung von 25 Sekunden auf Chelangat Sang (Ken) durch das Siegesband. Ich war Siegerin vor 4 kenianischen Spitzenläuferinnen und der Französin Aline Camboulives. Zudem war dies der erste Schweizer Sieg seit 2002, als Chantal Dällenbach gewonnen hatte . Viktor Röthlin zeigte in meinen Augen ein gutes Männerrennen. Er wurde bester Schweizer und Gesamtsiebter, hinter 6 kenianischen Läufern.
Das war ein sehr emotionaler Moment, wohl der emotionalste in meiner bisherigen Läuferinnenkarriere. Ich war richtig überwältigt, ein Traum hatte sich verwirklicht. Die letzten Meter, der Zieleinlauf, das gesamte Rennen, das übrigens vom Lokalfernsehen live übertragen wurde, und die überaus würdige Siegerehrung waren unbeschreiblich schön. Ich werde noch lange davon zerren.


An dieser Stelle möchte ich mich bei meinem Bruder Philipp, der mich an diesem Tag begleitet hat, ganz herzlich bedanken. Ein riesiges Dankeschön auch an Fred Dumas, der für das Wohl der Elitenathleten bestens gesorgt hat. Ebenfalls herzlichen Dank der ganzen Organisation und den zahlreichen Zuschauern, Fans und Helfern. Ihr wart einfach toll und habt mich regelrecht ins Ziel getragen!
Dieser Sieg hat medial doch für recht viel Aufsehen gesorgt. So bin ich in den letzten Tagen viel unterwegs und habe einiges zu erledigen. Erholt habe ich mich übrigens sehr gut. Wie es nun weitergeht, werde ich in den nächsten Tagen entscheiden. Meine Saison ist nun doch schon sehr lange und eigentlich wollte ich sie für dieses Jahr bald beenden. Momentan fühle ich mich aber so gut und die Rennen fallen mir leicht. So gesehen wäre es fast schade, in eine Winterpause zu gehen. Kommt Zeit, kommt Rat, oder: we will see!
