Erlebnisbericht (dieses Mal etwas länger):
Freitag, 13. September, 15.00Uhr: Die Pressekonferenz findet im Hotel Victoria Jungfrau statt. Dazu bin ich mit 5 weiteren Eliteathleten eingeladen. Um 16:00 Uhr findet dann noch das technische Meeting statt.
Samstag, 14. September, 6.30 Uhr: Mit meinen Eltern zusammen reise ich mit dem Auto nach Interlaken.
8.15 Uhr: Ich treffe im Hotel Victoria Jungfrau meine Laufkollegin Bernadette Meier und zwei meiner Betreuer, Jörg Hafner und Fritz Häni.
Fritz wird mir auf den ersten 25 Kilometern mit dem Velo folgen und etwa alle 5 Kilometer die nötige Verpflegung reichen.
Ich bin sehr aufgeregt und freue mich, wenn es endlich losgeht. Um 8.30 Uhr machen Bernadette und ich ein 8-minütiges lockeres Einlaufen. Das reicht, da wir ja noch ganze 42,2 (+1800Hm) Kilometer zu laufen haben!
9:00 Uhr: Am Start in Interlaken stehen 4000 Läufer und Läuferinnen. Glücklicherweise dürfen die Eliteathleten ganz vorne starten. Ich reihe mich hinter ein paar Männern ein und schon bald fällt der Startschuss. Wir laufen zuerst eine Runde durch die von Zuschauern umsäumten Strassen von Interlaken. Die Stimmung ist schon jetzt absolut grandios. Ich orientiere mich von Beginn weg an der mehrfachen Berglauf-Weltmeisterin Andrea Mayr und an Vize-Weltmeisterin (Berglauf-Langdistanz) Sabine Reiner. Wir drei und noch zwei, drei Männer bilden bald ein eingespieltes Team. Auf den ersten 15 Kilometern drücken Andrea und ich vor allem aufs Tempo. Ich weiss, dass wir etwas schnell unterwegs sind, jedoch fühlt es sich noch absolut locker an. Diese Leichtigkeit hält bis Kilometer 15 an. Hier lösen sich dann Andrea und zwei Männer von uns. Sabine und ich laufen jetzt also gemeinsam. Wir wechseln uns gegenseitig mit der Führung ab. Wir kommen nun durch Lauterbrunnen. Hier herrscht eine absolut tolle Stimmung, wir werden durch tosenden Applaus begrüsst. Ich bekomme richtig Gänsehaut. Hier werde ich auch von meiner Masseurin Angela und ihrem Freund Andreas empfangen. Nun geht es aber auf die 5 Kilometer lange Zusatzschlaufe, bevor dann der erste grosse Aufstieg kommt.
Hier reicht mir Fritz nochmals die letzte Verpflegung in Form von Gel und Wasser.
Der krasse Wechsel vom Flachen in die „Felswand“ fällt mir nicht schwer. Ich fühle mich total locker. Noch immer laufen Sabine und ich gemeinsam.
Bei Kilometer 28,5 ist der erste steile Anstieg geschafft. Hier stehen meine Eltern Brigitte und Beat und verpflegen mich und weitere Eliteläuferinnen. Ab hier fühle ich mich nicht mehr ganz so locker. Eine gewisse Müdigkeit ist eingekehrt. Da ab km 26 die Strecke alle 250m gekennzeichnet ist, kommen mir Kilometer 28-35 sehr lange vor, irgendwie scheine ich nicht vorwärts zu kommen. Hier kann sich Sabine etwas von mir distanzieren.
Mehr als 25 Kilometer bin ich noch nie gerannt, und im Hinterkopf ist der Respekt vor Krämpfen doch recht gross.
Da ich nun aber alle 2-3 Kilometer jemanden an der Strecke habe, kann ich diesen Gedanken verdrängen. Ich fühle mich ja immer noch gut, und es gibt keinen Grund negativ zu denken. Unterwegs treffe ich meinen Masseur Marc, meinen Bruder Patrick mit seiner Freundin Therese und Vereinskollegin Marion mit ihrem Vater Hans. Alle verpflegen mich wie abgemacht. Bei Kilometer 36 erwarten mich Jörg und Maria Heim. Sie reichen mir mein Sponser-Getränk & einen Activator.
Ich schaue zum ersten und letzten Mal heute auf meine Uhr (normalerweise laufe ich ohne Uhr). Wow… schon fast 3 Stunden bin ich unterwegs! Die Zeit ist bisher im Flug vergangen. Ab hier geht es plötzlich wieder ganz locker weiter, und ich komme Sabine stetig näher. Beim Wixi (km 38) stehen dann noch mein Bruder Philipp mit Freundin Alina. Sie feuern mich lauthals an, was mich extrem motiviert. Nun kommt also noch der letzte happige Schlussanstieg. Zu meinem Erstaunen fühlen sich die Beine aber noch ganz locker an, so dass ich mit einer Leichtigkeit hochlaufen kann. Bei Kilometer 40 überhole ich Sabine sogar. Für sie hat mir das wirklich sehr leid getan. Sie ist eine gute Laufkollegin, ich mag sie sehr und ich weiss, wie bitter es ist, wenn man am Schluss noch überholt wird. Mein Überholmanöver wird mir fast noch zum Verhängnis. Ich stolpere nämlich über einen Stein und falle auf meine beiden Knie. Sabine dreht sich noch zu mir um, jedoch stehe ich sogleich wieder auf und renne weiter. Ich nähere mich also langsam der berühmten Moräne. Obwohl oft gesagt wird, sie sei besonders hart zu laufen, fällt es mir nicht schwer. Ich kann den letzten Anstieg sogar noch geniessen.
Der letzte Kilometer geht fast nur noch abwärts. Ich laufe jetzt an dritter Stelle und 100 m vor mir taucht plötzlich die sehr stark laufende Französin Camboulives auf. Ich riskiere aber nichts mehr beim Runterlaufen und möchte einfach noch meinen dritten Platz ins Trockene bringen. Vor Tausenden von Zuschauern laufe ich noch die letzten paar hundert Meter dem Ziel entgegen…. das ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Als beste Schweizerin werde ich hinter zwei Weltklasseläuferinnen mit einer Zeit von 3:25:23 Gesamtdritte. Gewonnen hat das Rennen die momentan weltbeste Bergläuferin Andrea Mayr aus Österreich. Sie knackte sogleich noch den Streckenrekord von Marie-Lucie Romanens aus dem Jahre 2001. Hut ab vor dieser Leistung! Zweite wird die Französin Aline Camboulives mit einem Vorsprung von 15 Sekunden auf mich. Ein ebenfalls sehr starkes Rennen zeigt Vizeweltmeisterin Sabine Reiner. Sie holt sich den undankbaren 4. Rang, nur 35 Sekunden hinter mir. Danke Sabine für das gemeinsame Rennen. Es war total angenehm mit dir zu rennen und gemeinsam waren wir stark. Sowohl mit meinem dritten Rang, als auch mit dieser Zeit, hätte ich nie gerechnet. Wie mir mitgeteilt wurde, hätte man mit dieser Zeit (abgesehen vom letzten Jahr) fast jedes Mal den Sieg geholt. Es freut mich besonders, dass ich weder eine Krise noch körperliche Beschwerden hatte. Im Vergleich zum Inferno-Halbmarathon kam ich bei diesem Rennen viel weniger an meine Grenzen.
Bei den Männern holten sich zwei Kenianer den 1. und 2. Rang.
Viktor Röthlin holte sich mit einer starken Zeit von 2:53:21 den guten dritten Rang.
Erst 10 Minuten nach dem Rennen fühle ich plötzlich eine Riesenspannung in den Beinen. Ich habe echt Mühe, die Schuhe auszuziehen und das Duschen ist richtig mühsam.
Endlich umgezogen, darf ich zur Flower-Ceremony und anschliessend an die Medienkonferenz auf der Kleinen Scheidegg.
Anschliessend habe ich endlich Zeit für mein super Betreuerteam. Bei schönem und angenehmem Wetter geniessen wir noch das festliche Treiben auf der Kleinen Scheidegg.
An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an jedes einzelne Mitglied des Betreuerteams. Ihr wart einfach super und ich bin überzeugt, dass ich ohne euch nicht so schnell oben gewesen wäre.
Übrigens nennt sich das Helferteam „Team Martina“. Für den JFM haben sie extra ein T-Shirt kreiert (Bild folgt noch).
19.00 Uhr : Die feierliche Siegerehrung findet in Interlaken statt. Dort werden wir nochmals geehrt und bekommen tolle Preise überreicht. Die Stimmung ist auch hier einfach super.
Vielen Dank allen Verantwortlichen des JFM für die perfekte Organisation und den reibungslosen Ablauf.
Danke den vielen Zuschauern und Fans auf der Strecke, ihr wart absolut gewaltig.
Ich komme auf alle Fälle wieder….
An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an meinen Ausrüster ASICS. Seit mehreren Jahren werde ich regelmässig mit den neusten und besten Asics-Kleider und Schuhen ausgerüstet.
Nun muss ich mich gut erholen. Diese 42 Kilometer sind nicht spurlos an mir vorbeigegangen (Muskelkater) und ich werde wohl erst nächste Woche wieder mit einer richtigen Laufeinheit beginnen. Momentan fahre ich ein bisschen mit dem Velo und geniesse einfach auch mal das Nichtstun.
Bericht folgt