Erster Schweizersieg am GP seit 1998

Leichtathletik - Grand Prix GP Bern 2018; Die Sieger Martina Strähl (SUI) links und  Kenenisa Bekele (ETH) werden im Ziel vom Publikum gefeiert. © Christian Pfander
Leichtathletik – Grand Prix GP Bern 2018; Die Sieger Martina Strähl (SUI) links und Kenenisa Bekele (ETH) werden im Ziel vom Publikum gefeiert. © Christian Pfander

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Fotos: Beat Strähl/Hugo Rey

„Den GP Bern musst du einmal gewinnen. Das fehlt noch in deinem Palmares und wird in die Geschichte eingehen“. So die Worte meines Trainers vor zwei Jahren als ich den Sieg um lediglich 11 Sekunden verpasst habe. Ja und diese 11 Sekunden musste ich mir noch lange anhören?. Auch im letzten Jahr hatte ich den Sieg knapp verpasst. Dies weil ich zu wenig ausgeruht war und zu wenig an mich geglaubt habe. Ich hatte also ein Rechnung zu begleichen und diese Rechnung wollte ich in diesem Jahr quittieren. Im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren glaubte ich heuer fest an den Sieg, war in Topform, ausgeruht und wollte unbedingt gewinnen . Natürlich mit einer persönlichen Bestzeit. Ich liebäugelte mit einer 55er Zeit.
Am Start des GPs standen rund 30000 Läufer und Läuferinnen. Zum Glück konnten die Elitenläufer ganz zuvorderst alleine die 16 Kilometer unter die Füsse nehmen. Unter anderem war auch Maja Neuenschwander, Schweizerrekordhalterin im Marathon, mit mir am Start. Ich hoffte auf ein Zusammenspiel mit ihr. Doch es kam anders. Nach dem Startschuss schlug ich eine sehr hohe Pace an und ich war schon nach 500 Metern ganz alleine zuvorderst unterwegs. „Ojeeee, dachte ich, muss ich jetzt die restlichen 16 Kilometer ganz alleine rennen“?!! Ihr wisst alle selber, dass man in einer Gruppe ringer läuft. Doch dann schossen mir wieder die Worte meines Trainers durch den Kopf:“ Du musst auch ein Rennen alleine meistern können“! „Ja stimmt, dachte ich und ganz alleine war ich ja gar nicht“! Ich wurde von einem Velofahrer begleitet, zwei Töffe mit Kameras und Funk schwirrten um mich herum und vor mir fuhr das offene Presseauto. Zudem hatte es am Strassenrand tausende von Zuschauer….dieses Gefühl war unbeschreiblich.
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Die ersten 2.2km hatte ich eine Pace von 3:03!! Kilometer 5 passiere ich mit einer Zeit von 15:47min!! Einige trauten ihren Augen nicht und hofften nur, dass ich das Tempo so durchstehen kann. Ich weiss aber, dass ich ein sehr gutes Tempogefühl habe und normalerweise auch nicht einbreche! Bei Kilometer 10 zeigt die Uhr am Strassenrand 32:51. Ich fühle mich noch immer phantastisch.
Übrigens konnte ich mich nur an der 5km und 10km Zeit orientieren. Ich laufe nämlich jedes Rennen ohne Uhr.
Normalerweise wird die schnellste Frau ca. 3-4 Kilometer vor dem Ziel vom schnellsten Mann überholt. Doch 4 Kilometer vor dem Ziel war weit und breit kein Mann zu sehen bzw. zu hören. Auch 3 Kilometer vor dem Ziel nicht. Bei Kilometer 14 dachte ich, „entweder bin ich so schnell unterwegs oder die Männer sind später gestartet;-)“. Es ging dann noch den Aargauerstalden hoch, ja ich wurde unter tosendem Applaus hochgetragen! Das ist der Wahnsinn und ich fühle mich wie im Film!!! Auf der Zielgeraden hörte ich endlich den Olympiasieger Bekele heranbrausen. Er überholt mich, doch wir laufen „praktisch“ gemeinsam über die Ziellinie. Ein Traum ging in Erfüllung!! Ich gewann nach 20 Jahren als erste Schweizerin wieder einmal den Gran Prix von Bern mit neuem „Schweizer Rekord“. Eine Zeit von 53:50 entspricht einem 3:20er Schnitt (inklusive 125 Höhenmeter) und wurde in den letzen Jahren nur von ganz wenigen ausländischen Siegerinnen unterboten. Im Ziel habe ich das Ganze aber noch nicht realisiert, die Emotionen waren aber riesig. Ich wurde umarmt von meinen Eltern, von meinem Trainer und von Freunden. Es gabt Interviews, Fotos, Flower Ceremony, Dopingkontrolle, Medienkonferenz, Siegerehrung und und und. Ich liess alles geschehen und genoss es einfach.
Erst ein paar Tage später, nach der Rennanalyse mit meinem Trainer, realisierte ich langsam was wir erreicht haben. Nach einem ganz schwierigen letzten Jahr, ist das einfach wunderbar. Jetzt gilt es aber diese Form bis zur EM in Berlin zu konservieren und nicht zu übertreiben. Ja und deshalb habe ich für diese Woche auch ein Schonprogramm verschrieben bekommen mit keinen Belastungen. Ehrlich gesagt, hätte ich auch nichts solches freiwillig gemacht. Ich habe zwar keinen Muskelkater, doch die Beine und der Kopf waren richtig leer. Das war aber auch gut so?.

An dieser Stelle ein riesengrosses Dankeschön an meinen Trainer Fritz und an meine Eltern. Sie tun alles für mich. Ein ganz grosses Dankeschön auch an meine Freunde und Fans die extra für mich nach Bern gereist sind. Danke der Organisation des GP und den tausenden Zuschauern auf der Strecke. Und zuletzt danke meinem Ausrüster Asics, meinen Sponsoren und meinem umfänglichen Betreuungsteam (Doktor/Massage/Physio etc.).

Jetzt gibt es einen sorgfältigen individuell abgestimmten Aufbau für die Europameisterschaften in Berlin, damit ich auch dort meine Höchstform abrufen kann.
Geplante Starts:
-SVM 3000m
-Frauenlauf (5km)
-SM 5000m

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Leichtathletik - Grand Prix GP Bern 2018; Die Sieger Martina Strähl (SUI) links und  Kenenisa Bekele (ETH) werden im Ziel vom Publikum gefeiert. © Christian Pfander
Leichtathletik – Grand Prix GP Bern 2018; Die Sieger Martina Strähl (SUI) links und Kenenisa Bekele (ETH) werden im Ziel vom Publikum gefeiert. © Christian Pfander